Wort zum Monat November 2007

Wer das Gute tun kann und es nicht tut, der sündigt.

(Jakobus 4, 17)

"Wer schläft, sündigt nicht."
So behauptet es zumindest der Volksmund.

Die Bibel sieht das Ganze allerdings viel realistischer: Es geht nicht in erster Linie darum, das Böse zu vermeiden, sondern das Gute zu tun. Dagegen sein ist nämlich nicht weiter schwer. Das begegnet jedem von uns tagtäglich. Sei es in der großen oder kleinen Politik, sei es in der Nachbarschaft oder in der Familie, sei es beim Sport oder eben auch in der Kirche.
Gutes zu tun heißt nicht, es allen Recht machen zu wollen. Es bedeutet, mutig das zu tun, was ich als Recht erkannt habe.

Mir ist sehr eindrücklich in Erinnerung geblieben, was der ehemalige Landesbischof der hannoverschen Landeskirche, Eduard Lohse, bei seiner Verabschiedung gesagt hat. Nach den "offiziellen" Reden trat er neben das Pult und sagte: "Nun können Sie mir gern einmal das sagen, was Sie mir schon immer sagen wollten."
Ein Mann aus dem Publikum erhob daraufhin seine Stimme und sagte: "Ich hätte mir gern manchmal mehr Eindeutigkeit von Ihnen gewünscht."
Darauf antwortete Eduard Lohse lächelnd: "Ich war durchaus auch mehrmals eindeutig in meinen Stellungnahmen und habe jedes Mal ordentlich dafür eingesteckt. Aber was Sie meinen, ist, dass ich öfter eindeutig Ihre Meinung hätte vertreten sollen."

Ich kann nicht meine eigene Verantwortung delegieren an die Kirchenoberen, an die Politikerinnen und Politiker, an irgend jemanden. Ich selbst bin gefragt. Und wenn ich mich drücke, dann verstoße ich gegen Gottes Gebote. Ich tue nicht seinen Willen, denn das ist gemeint mit "sündigen". Auch als Christ bin ich natürlich nicht fehlerfrei. Ich verrenne mich oft genug in eigene Ideen, bin nicht so realistisch, wie ich gern wäre und muß mehr Abbitte tun, als mir selber lieb ist.

Adrian Plass, der englische Schriftsteller, der mit seinen "Tagebüchern eines frommen Chaoten" geradezu Kultstatus erlangt hat, beschreibt in einem seiner Bücher eine kleine Theaterszene: 3 Menschen treffen sich und reden über das Christsein. Ob man denn überhaupt nützlich für Gott sein könne, wo man doch so viele Sünden begeht und so verdorben ist. Darauf berichtet der eine von seinem Freund Donald, der noch nie etwas Falsches getan hat. Und er listet eine unendliche Anzahl von Boshaftigkeiten auf, die Donald definitiv noch nie begangen hat. Als die anderen sich vor Staunen über diesen "perfekten Christen" kaum noch halten können, sagt er den entscheidenden Satz: "Donald hat noch nie auch nur eine einzige Sünde begangen. Und er kommt nicht in den Himmel."
Die Lösung des Rätsels: Donald ist eine Holzpuppe! Er kann weder Gutes noch Schlechtes tun.

Also dann: Lassen Sie uns Gutes tun, wo immer wir etwas Gutes zu tun entdecken. Denn nicht durch das Tun an sich sündigen wir, sondern durch das Nicht-Tun.
Ich wünsche Ihnen ein frohes Schaffen!
Pastor Karl-Martin Voget






Karl-Martin Voget
Pastor an der ev.-luth. Gnadenkirche zum Heiligen Kreuz in Hannover-Mittelfeld
Homepage der Kirchengemeinde: www.gnaden.de
private Homepage: www.kirchen-kontakte.de

Die Meditationen wurden veröffentlicht im Rahmen der
Homepage der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover.
Die Rechte an den Texten liegen bei den Verfassern.


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