Wort zum Monat September 2001

Jesus Christus spricht:
Das Reich Gottes gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und in seinem Garten säte; und es wuchs und wurde ein Baum.

(Lukas 13, 19)

Engagierte Menschen sind häufig auch ungeduldige Menschen. Wer seine Kraft, seine Fähigkeiten, seine Zeit einsetzt für eine gute Sache, für eine Idee, der möchte auch etwas sehen von der Veränderung, die er angestrebt.

  • Schon jahrelang setzt sie sich als Christin ein für Frieden und Gerechtigkeit. Sie war bei den großen Demonstrationen für die Entschuldung der Entwicklungsländer dabei. Sie hat immer wieder Briefe und Karten an Politikerinnen und Politiker geschrieben. Sie hat in ihrem Umfeld Menschen informiert über die großen Zusammenhänge von Globalisierung und Verelendung in bestimmten Ländern. Aber wenn sie die Nachrichten sieht und Zeitung liest, gerät sie ins Zweifeln. - Ob sie überhaupt etwas verändern kann? Ob sich diese Prozesse überhaupt noch steuern lassen?

  • Er hat seinen ganzen landwirtschaftlichen Betrieb umgestellt auf biologischen Landbau. Irgendwann hat er für sich die Einsicht gewonnen, dass er als Christ anders mit der anvertrauten Natur umgehen will als bisher. Seine Einstellungen haben sich verändern. Er versteht Tiere nun als Mitgeschöpfe und das bewirtschaftete Land als ein ihm anvertrautes Gut. Aber in den Augen seiner Kollegen bleibt er ein Exot. Mit seinem Hof kommt er über die Runden. Doch sobald die vielen Hiobs-Botschaften des letzten Jahres in Vergessenheit gerieten, kauften die meisten Menschen wieder die billigen Produkte aus dem Supermarkt. - Seine biologischen Produkte finden nur wenige Käuferinnen und Käufer und von seinem Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung wollen nur wenige wissen.

  • Seit vier Jahren läuft ohne sie in der Jugendgruppe der Kirchengemeinde kaum etwas. Als Ehrenamtliche ist sie viele Stunden in der Woche beschäftigt: Einladen, Programme vorbereiten, den Raum gestalten und aufräumen, Freizeiten organisieren, in Gottesdiensten mitwirken, für die Finanzen sorgen. Und immer wieder Jugendliche begeistern für den Glauben an Jesus Christus, der so wichtig geworden ist in ihrem Leben. - Und dann erlebt sie, dass Jugendliche eine Zeitlang dabei sind, ihre Angebote konsumieren und sich dann plötzlich für etwas ganz anderes begeistern. Lohnt ihr ganzer Einsatz oder soll sie es lieber denen überlassen, die dafür bezahlt werden?


Für diese drei Menschen geht es nicht nur um persönliche Erfolgserlebnisse. Sie möchten, dass etwas sichtbar wird von der Dynamik und der Kraft des christlichen Glaubens. Christinnen und Christen können diese Welt verändern: Frieden kann erfahrbar werden, Gerechtigkeit einziehen in kleine und große Beziehungen, die Natur kommt als Schöpfung in den Blick, die es zu bewahren gilt. Nur: es ist häufig so mühsam, geht so langsam, Rückschläge stellen sich ein und Motivationsprobleme.
„Schau auf das Senfkorn“, sagt Jesus in dem Gleichniswort. Ein winziges Korn. Nur wer genau hinschaut, sieht es überhaupt. In den Garten gesät, wächst daraus unaufhaltsam ein großer Baum. „So ist das bei Gott. So verhält es sich mit Gottes Reich“. Es wächst langsam - aber unaufhaltsam und stetig. Was jetzt noch unscheinbar ist, was manchmal wenig erfolgversprechend aussieht - daraus wird Frieden, Gerechtigkeit, eine bewahrte Schöpfung wachsen. Es wächst, ganz sicher, selbst wenn Du es kaum wahrnimmst.
Die Kraft und die Dynamik des kleinen Senfkorns ist das beste Zeichen dafür.Arend de Vries






Arend de Vries
Landessuperintendent in Nienburg

Die Meditationen wurden veröffentlicht im Rahmen der
Homepage der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover.
Die Rechte an den Texten liegen bei den Verfassern.


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