Wort zum Monat März 2003

Bei Gott allein kommt meine Seele zur Ruhe, von ihm kommt mir Hilfe.

(Psalm 62, 2)

Der Reformator Johann Calvin sagt über den Psalter, er sei die „Anatomie aller Teile der Seele, denn man finde keine Gemütserregung, deren Bild nicht in diesem Spiegel ihren Widerschein hat“.
Wie treffend; denn wir finden in den Psalmen eine überaus wichtige Hilfe, uns selbst zu erkennen und zu begreifen.
Wir erleben in diesen manchmal klagenden, auch schreienden, lauten und auch sehr stillen Gebetsrufen unsere eigenen Ängste und Sehnsüchte. Dort, wo wir aus dem Gleichgewicht geraten und ratlos sind, wo die eigene Anfälligkeit schmerzlich bewusst wird, werden wir berührt, manchmal auch aufgewühlt, aber auch zur Ruhe gebracht.
Auch in unserem Psalmgebet kommt uns dies entgegen. David schildert hier, wie er in großer Unsicherheit leben musste und nicht wusste, wie er mit all den Schwierigkeiten fertig werden sollte. Verschlagene Feinde setzten ihm zu mit ihren hinterhältigen Attacken. Er fühlte sich hilflos ausgeliefert, und alles erschien ihm so aussichtslos. Was sollte er tun?
Er tat, was sich in seiner Lebensgeschichte immer wieder als richtig erwiesen hat: In der Unübersichtlichkeit des Lebens, wenn es kein Halten und keine klare Sicht mehr gab, stellte er sich ganz bewusst auf den Standpunkt: Gott ist mein Fels. Dann wurde es in ihm stille und er kam nach und nach zur Ruhe – sogar trotz anhaltender Bedrohung.
Ich selbst muss zugeben: Das Suchen dieser Ruhe liegt mir nicht so sehr. Ich bin kein Meister der Stille und oft mehr auf sichtbares Tun eingestellt. Und wenn mir meine Frau dann und wann während einer Abendmahlsfeier gerade diesen Monatsspruch (es ist ihr Konfirmationsspruch) zugeflüstert hat, dann war ich meist - zu ihrem Leidwesen - nicht sonderlich interessiert.
Doch nun, beim genauen Hinhören wird (auch mir wieder) neu klar: Diese Stille ist ja nicht Ausdruck von passivem Rückzug oder gar von Langeweile. Gott erwartet schon gar nicht das ohnmächtige Verstummen vor der Gefahr, auch nicht das Laufenlassen der Dinge. Gemeint ist der geübte Glaube, der gelernt hat, alle Sorgen, Ängstlichkeiten und unerfüllten Wünsche vor dem allmächtigen Gott niederzulegen. Also: Erst Vertrauen üben – und dann Schritte tun.Hartmut Lauter






Hartmut Lauter
... ist Leiter des Krelinger Reha-Zentrums.
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