Der Kreuzweg
Station 5
Da führten
sie Jesus von Kaiphas zum Prätorium; es war früh am Morgen. Und
sie gingen nicht hinein, damit sie nicht unrein würden, sondern das
Passamahl essen könnten. Da kam Pilatus zu ihnen heraus und fragte:
Was für eine Klage bringt ihr gegen diesen Menschen vor? Sie antworteten
und sprachen zu ihm: Wäre dieser nicht ein Übeltäter, wir
hätten ihn dir nicht überantwortet. Da sprach Pilatus zu ihnen:
So nehmt ihr ihn hin und richtet ihn nach eurem Gesetz. Da sprachen die Juden
zu ihm: Wir dürfen niemand töten. So sollte das Wort Jesu erfüllt
werden, das er gesagt hatte, um anzuzeigen, welchen Todes er sterben würde.
Da ging Pilatus wieder hinein ins Prätorium und rief Jesus und fragte
ihn: Bist du der König der Juden? Jesus antwortete: Sagst du das von
dir aus, oder haben dir's andere über mich gesagt? Pilatus antwortete:
Bin ich ein Jude? Dein Volk und die Hohenpriester haben dich mir
überantwortet. Was hast du getan? Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht
von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden
darum kämpfen, daß ich den Juden nicht überantwortet würde;
nun aber ist mein Reich nicht von dieser Welt. Da fragte ihn Pilatus: So
bist du dennoch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein
König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, daß ich
die Wahrheit bezeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine
Stimme. Spricht Pilatus zu ihm: Was ist Wahrheit? Und als er das gesagt hatte,
ging er wieder hinaus zu den Juden und spricht zu ihnen: Ich finde keine
Schuld an ihm. Es besteht aber die Gewohnheit bei euch, daß ich euch
einen zum Passafest losgebe; wollt ihr nun, daß ich euch den König
der Juden losgebe? Da schrien sie wiederum: Nicht diesen, sondern Barabbas!
Barabbas aber war ein Räuber. Da nahm Pilatus Jesus und ließ ihn
geißeln. Und die Soldaten flochten eine Krone aus Dornen und setzten
sie auf sein Haupt und legten ihm ein Purpurgewand an und traten zu ihm und
sprachen: Sei gegrüßt, König der Juden! und schlugen ihm
ins Gesicht. Da ging Pilatus wieder hinaus und sprach zu ihnen: Seht, ich
führe ihn heraus zu euch, damit ihr erkennt, daß ich keine Schuld
an ihm finde. Und Jesus kam heraus und trug die Dornenkrone und das Purpurgewand.
Und Pilatus spricht zu ihnen: Seht, welch ein Mensch! Als ihn die Hohenpriester
und die Knechte sahen, schrien sie: Kreuzige! kreuzige! Pilatus spricht zu
ihnen: Nehmt ihr ihn hin und kreuzigt ihn, denn ich finde keine Schuld an
ihm. Die Juden antworteten ihm: Wir haben ein Gesetz, und nach dem Gesetz
muß er sterben, denn er hat sich selbst zu Gottes Sohn gemacht. Als
Pilatus dies Wort hörte, fürchtete er sich noch mehr und ging wieder
hinein in das Prätorium und spricht zu Jesus: Woher bist du? Aber Jesus
gab ihm keine Antwort. Da sprach Pilatus zu ihm: Redest du nicht mit mir?
Weißt du nicht, daß ich Macht habe, dich loszugeben, und Macht
habe, dich zu kreuzigen? Jesus antwortete: Du hättest keine Macht über
mich, wenn es dir nicht von oben her gegeben wäre. Darum: der mich dir
überantwortet hat, der hat größere Sünde. Von da an
trachtete Pilatus danach, ihn freizulassen. Die Juden aber schrien:
Läßt du diesen frei, so bist du des Kaisers Freund nicht; denn
wer sich zum König macht, der ist gegen den Kaiser. Als Pilatus diese
Worte hörte, führte er Jesus heraus und setzte sich auf den
Richterstuhl an der Stätte, die da heißt Steinpflaster, auf
hebräisch Gabbata. Es war aber am Rüsttag für das Passafest
um die sechste Stunde. Und er spricht zu den Juden: Seht, das ist euer
König! Sie schrien aber: Weg, weg mit dem! Kreuzige ihn! Spricht Pilatus
zu ihnen: Soll ich euren König kreuzigen? Die Hohenpriester antworteten:
Wir haben keinen König als den Kaiser. Da überantwortete er ihnen
Jesus, daß er gekreuzigt würde.
Johannes 18, 28 - 19, 16