Sie kamen und kamen
nicht zurück. Johanna saß in der Halle am brennenden Kamin und
strickte Socken - wie es Omas eben tun. Die Kinder waren schon lange
eingeschlafen und es war kurz nach Mitternacht. Johanna hatte Herrmann angerufen
und gesagt, er solle nicht auf sie warten. Sorgen machte sie sich schon.
Dann fuhr ein Auto vor, gleich darauf ein zweites. Erste Tür, zweite
Tür. "Warum bist du jetzt erst hier?" "Und wo kommst du her?" Die
Haustür wurde aufgestoßen. Die Herrschaften standen im Raum, ihr
lautes Gespräch wurde abrupt beendet, als der gnädige Herr Johanna
erblickte, die schon dabei war, die Mäntel abzunehmen. Kein Streit vor
dem Personal - das nahmen sie sich immer vor. Sie standen etwas hilflos da.
Der gnädige Herr fing sich zuerst: "Johanna? Warum sind Sie denn hier?
Heute und um diese Zeit?" Er schaute zu seiner Frau hinüber und sah
sie ärgerlich an. "...Du kamst nicht aus dem Büro, und mein Essen
mit Schürmann und die Kinder. Was sollte ich denn machen? Du warst ja
nicht da!" Dies schien Johanna der geeignete Augenblick zu sein, zu fragen,
ob man sie noch benötige, eine Kleinigkeit stünde noch in der
Küche bereit. Mit einer entschuldigenden Geste meinte der gnädige
Herr: "Nein, vielen Dank. Es wird Zeit, daß Sie nach Hause kommen.
Entschuldigen Sie bitte vielmals, daß meine Frau ..." Na ja, es wurde
noch ein Taxi bestellt, das die gute Johanna nach Hause fahren sollte. Frau
und Mann standen sichtlich streitfertig in der Tür zum Arbeitszimmer,
während man auf das Taxi wartete. An der Haustür war eine große
rote Schleife befestigt, von der Decke der Halle hing ein großer, wuchtiger
Adventskranz, auf jedem Tisch und in jeder Ecke stand ein feines Gesteck
mit Kerze und Tannenzapfen, Tannengrün. Mandarinen in Schalen daneben,
und die schönen Adventskalender der Kinder hingen links und rechts neben
dem Kamin. Darüber ein geschwungenes Spruchband: "Frohes Fest". Johanna
achtete immer darauf, daß alles angemessen dekoriert wurde, und in
der Halle war es immer besonders weihnachtlich, ruhig und festlich. Das Taxi
kam. Die Herrschaften standen schon in den Startlöchern. "Danke für
alles, und entschuldigen Sie bitte vielmals die Umstände. Morgen gehen
Sie natürlich früher!" Johanna schloß die Haustür. Auch
darüber "Frohes Fest".
© M.B. 1997