Johanna war ganz
außer sich. "Sollen wir denn den Bückeburgern nur eine Karte oder
etwas im Umschlag schicken?" fragte sie laut, aber eigentlich doch nur sich
selbst. Herr Kaddig hielt sich schon seit Jahren aus diesen schwierigen
Entscheidungsfindungen heraus. "Aber wenn wir meiner Kusine Alma eine Karte
schicken, müssen die Bückeburger eigentlich auch ... Herrmann,
was meinst Du?"
Das hatte Herrmann befürchtet. "Schicke ihnen doch beiden eine Karte,
eine einfache Postkarte!" Das hätte er nun wieder nicht sagen dürfen.
"Aber Herrmann, ich kann doch Alma keine einfache Postkarte schicken. Du
bist mir vielleicht eine Hilfe! Die schicken doch auch immer etwas im Umschlag!"
Na bitte, er hatte es wenigstens versucht. Das Telefon klingelte. Die beiden
guckten sich an, Johanna und Herrmann. Wann hatte das Telefon das letzte
Mal geläutet. Herr Kaddig nahm ab. "Es ist für Dich, Johanna!"
Er hielt ihr den Hörer hin. Wenig später legte sie wieder auf.
"Ich muß noch einmal weg!" sagte sie. "Die gnädige Frau braucht
mich dringend heute abend." Sie ging sich umziehen.
Herr Kaddig wußte nicht so genau, was er nun tun sollte. Was wäre,
wenn sie dafür nächstes Mal früher gehen könnte? Dann
mußte er sich schon etwas einfallen lassen - wie sollte er seiner Johanna
erklären, daß er nicht zu Hause war, so außer der Reihe?
Und krankmachen konnte der Weihnachtsmann ja auch nicht so einfach. "Ich
gehe dann, Herrmann!" Herr Kaddig brachte sie noch bis auf die Straße
hinaus. "Paß gut auf", sagte er. "Es ist glatt!" Eine kurze Umarmung,
und beide wandten sich zum Gehen.
Tim und Lisa waren noch auf, als Johanna die Halle betrat. "Sie sind Gold
wert! Daß Sie jetzt noch kommen und den weiten Weg machen, bei diesem
Wetter ..." Die gnädige Frau erklärte, daß ihr Mann wohl
noch in der Firma wäre, sie aber dringend zu einem Essen müßte
- und, ja, die Kinder - es sei wirklich lieb von ihr. Johanna half ihr in
den Nerz, die gnädige Frau sah fabelhaft aus. "Fahren Sie vorsichtig,
gnädige Frau, es ist sehr glatt." Dann wandte sie sich den Kindern zu.
"So, und Ihr geht nun langsam ins Bett. Es ist schon spät." "Du mußt
uns aber noch etwas vorlesen, Oma Hanna!" Johanna nickte, und die Kinder
stapften die Treppe hinauf, um sich fertig zu machen. Natürlich mußte
Johanna "Hänsel und Gretel" vorlesen - dieses Märchen interessierte
sie am meisten. Die Herrschaften ließen auf sich warten
...
© M.B.
1997