Die vorweihnachtliche
Freude hatte ihn das Baumproblem ganz vergessen lassen. Er hatte Johanna
versprochen, das heute noch zu klären, also einen zu kaufen. Die
Weihnachtsbaumhändler waren glücklicherweise großzügig
in der Auslegung der Öffnungszeiten. Er mischte sich unter die Vielzahl
derer, die entschlossen unentschlossene Weihnachtsbaumkäufer waren und
auf ein Schnäppchen hofften. Baum war schließlich nicht gleich
Baum, davon hing entschieden das Weihanchtsfest ab. Meistens waren es die
Väter und Ehemänner, die hier draußen die schweren Entscheidungen
treffen mußten und dann ja doch den falschen kauften. Man beratschlagte
sich gegenseitig, die Bäume wurden gedreht und hin und her verglichen,
genau beäugt. Bei Herrn Kaddig war letztlich der Preis entscheidend,
und da gab es dann eher eine Kombination aus Klein und Unförmig - aber
auch dieser Baum würde sich in Silber sehr gut machen, in der Ecke,
wo sonst sein Sessel stand. Also eingenetzt und zurück durch das immer
stärker werdende Schneegestöber nach Hause.
"Herrmann, was schleppst Du denn da an, also wirklich, nein, der ist ja so,
ich weiß auch nicht ..." Na also.
Dann wurde gegessen, und Johanna war schon so aufgeregt, ob denn auch alles
klappe, mit dem Baum, ob die Karten rechtzeitig dawären und, ach ja,
was sie wohl anziehen solle Heilig Abend bei Jansen, bei den feinen Herrschaften,
ach hätte sie doch dankend abgelehnt!
Moment. Herr Kaddig wurde hellhörig. "Ich dachte, Du bist als Bedienung
und in der Küche bei Jansen, sie hätten Gäste, hast Du gesagt!"
Er hatte sich gedacht, nur kurz bei dem jungen Mann vorbeizuschauen, seine
Frau zu entschuldigen, sie sei krank, Johanna aus dem Weg zu gehen und sich
hinter dem Rauschebart zu verstecken, den Kindern etwas zu überreichen
und dann - es waren ja noch sooo viele andere Kinder da, Rentierschlitten
und weg! Hatte er sich gedacht.
"Das hatte ich wohl mißverstanden, wir beide sind eingeladen
bei den gnädigen Herrschaften, Heilig Abend mit ihnen und den Kindern
zu feiern und einem älteren Ehepaar. Der Mann ist wohl der Weihnachtsmann,
von dem alle sprechen, aus dieser Einkaufspassage! Was Du anziehst, weiß
ich auch nicht so recht, wann sind wir schon einmal bei so feinen Leuten,
das ist mir richtig unangenehm..."
Herr Kaddig war sprachlos. Dagegen waren die Feier bei Krensmann, das blonde
Mädchen, das ihm den Bart heruntergerissen hatte und die Jagd nach den
Geschenken ein Kinderspiel gewesen. - Wer wußte was genau? Das junge
Paar rechnete mit vier älteren Herrschaften zum Essen, darunter ihre
Hausdame und der Weihnachtsmann, der als Eheberatung fungiert hatte, beide
nebst Ehepartner. Johanna erwartete den netten Weihnachtsmann mit Frau, die
Kinder Oma Hanna und den Weihnachtsmann und Herrmann die
Katastrophe.
© M.B. 1997