Samstag, noch drei
Tage. Herr Kaddig wickelte sich das letzte Mal in seine Weihnachtsmannuniform.
Sein Geschenkesack war heute besonders groß, die Leute waren wie
verrückt. Die Passage war voll wie noch nie. Unzählihe
Kinderhände griffen nach seinem Bart, den Zipfeln seines Mantels und
dem großen Jutesack natürlich. Er war schon fast heiser vom vielen
'Hohoho', was Groß und Klein besonders gefiel, und dem ständigen
'Frohe Weihnacht, meine Kinder!' und 'Denkt daran: Bis morgen noch schön
brav sein!'. Überall war Lachen, Lächeln, Fröhlichkeit, und
fremde Menschen unterhielten sich miteinander, während die Kinder alle
auf den Arm und die etwas größeren auf seinen Schoß wollten.
Der große Weihnachtsbaum in der Mitte der Halle war zusammen mit Santa
Kaddig von einer fröhlichen Menschentraube umringt. Glühwein,
Schmalzkuchen und allerlei Gewürze erfüllten mit ihrem Duft die
Luft. Den Weihnachtsmann, den wollten sie sehen und anfassen. Herr Kaddig
war viel zu beschäftigt, um zu bemerken, daß sich unter den wichtigen
Gesten Herrn Pfennigs eine Blaskapelle auf der Galerie aufbaute. Dann gingen
die Lichter aus und die Kapelle begann im Schein der vielen Kerzen des Baumes
mit 'Süßer die Glocken nie klingen'. Die Leute sangen mit, der
Weihnachtsmann sang und die Kinder. Auch Herr Pfennig ließ es sich
nicht nehmen, an dieser Stelle über die Lautsprecheranlage ein paar
Dankesworte an die Kunden zu richten und natürlich an den Weihnachtsmann.
- Die Leute applaudierten und Herr Kaddig wußte gar nicht, wie ihm
geschah, dann wieder Trompeten.
Die Zeit verging wie im Fluge, und plötzlich stand da der junge Mann
wieder, lächelnd: "Na, das ist ja ein Empfang, hoffentlich kann ich
da mithalten!" Der Weihnachtsmann verstand nicht. "Nun, ich hoffe, Sie als
Weihnachtsmann am Heiligen Abend bei uns zu haben, mit Ihrer Frau
natürlich. Für die Kinder. Das dürfen Sie mir nicht abschlagen.
Ich möchte Sie beide dabei haben, wir haben auch Gäste, und ich
backe wieder einen Birnenkuchen!"
Herr Kaddig war einfach viel zu glücklich in diesem Moment, um zu verstehen,
auf was er sich da einließ - und ehe er's sich versah, schien er 'Ja'
gesagt zu haben. Der junge Mann drückte ihm seine Karte in die Hand,
verabschiedete sich und war schon in der Menge verschwunden. "Bis Montag
dann!"
Der Weihnachtsmann war furchtbar beschäftigt, und erst, als er sich
umzog, fiel ihm die Visitenkarte wieder in die Hände. O nein! Aber eines
war klar: Absagen konnte er nicht.
© M.B. 1997