Weihnachtsstreß
- das bekam Johanna hautnah mit. Ihr Herrmann war ja nach außen die
Ruhe selbst; Karten, Geschenke, Essen, Baum - das ließ ihn nicht aus
der Fassung geraten. Bei ihnen lief es deshalb seit Ewigkeiten ganz ruhig
und reibungslos, das Weihnachtsfest. Bei Jansen hingegen - du meine Güte!
Wie im Film, wie in Weihnachtsgeschichten, böse Worte, Das war doch
so abgemacht, Ich?, Wieso ich?, Es ist jedes Mal das Gleiche mit dir! - nun,
der übliche Krach im Hause.
"Ich habe Euch etwas mitgebracht! Es ist vom Weihnachtsmann, ein kleiner
Vorschuß sozusagen", sagte der gnädige Herr, als die Kinder die
Treppe herunterkamen. Er gab ihnen die zwei Tafeln Schokolade. "Du weißt
doch, daß wir gleich essem", kam es da unwirsch aus der Küche.
Die gnädige Frau war mit der Schokolade ihres Mannes gar nicht
einverstanden...
Johanna brachte die Kinder in die Küche zum Essen und dann ins
Bett.
Donnerstag, 13. Dezember. Der Weihnachtsmann tat wie immer seine Pflicht,
das Herzliche... . Er hatte schon einmal nachgerechnet: mit dem, was er so
zur Verfügung hatte und dem, was er schon verdient hatte, war der Mantel
schon drin, und etwas kam ja noch dazu in den nächsten Tagen. Die Schuhe
- dafür würde es wohl auch reichen. Dann machte das Arbeiten doch
gleich viel mehr Freude, für den Menschen, den man liebt. Es waren ja
schon so viele schöne Jahre. Frank Sinatra gab sein "My way" zum Besten,
der Weihnachtsmann sprudelte vor Gefühl und Erinnerungen, Sinatra, das
spielten sie hier oft. Der Weihnachtsmann machte nun seine Runde weiter.
Die Passage war voller Festlichkeit, ja fast Andacht.- So war das noch nie.
Die Leute so beschwingt, wandelnd. Man merkte gar nicht, daß es nur
noch 11 Tage bis Weihnachten waren und die Hälfte aller Geschenke noch
ausstand. Die Ruhe vor dem Sturm, da war sich Herr Kaddig sicher.
Es war kurz vor sieben. Zeit für Herrn Jansen. Der Weihnachtsmann war
zu dieser Zeit schon automatisch in der Nähe des Ausgangs, er hatte
extra zwei kleine Rentiere übrigbehalten. Er kam fast regelmäßig
Dienstag und Donnerstag. Und da war er ja auch schon. Hastig wie immer, sogar
noch am Telefonieren: "...morgen im Meeting? Okay. Bye!" Handy in den Mantel,
Aktenkoffer neben die Bank, ein Seufzer und er sitzt.
"Schwerer Tag?" fragt der Weihnachtsmann. "Meinen Sie das Büro? - Das
ist halb so wild. Zuhause, jaaaahh..." Er zögert und guckt verlegen
auf den Boden. "Ärger mit den Kindern? Wissen Sie, ich selbst kenne
das ja gar nicht..." "Nein, meine Kinder machen keine Probleme. Wir sind
es, meine Frau und ich!"
© M.B. 1997