Der Weihnachtsmann bringt Dich wieder zurück zur TagesseiteEinige Leute guckten sichtlich amüsiert und lächelten Herrn Kaddig freundlich hinterher, andere glotzten verständnislos bis mitleidig. Herr Kaddig hatte sich entschlossen. Irgendwie peinlich war es ihm ja schon, als er sich neben eine ältere Dame in der U-Bahn setzte. Auch sie strahlte ihn an. Er überlegte, ob er ihr ein Kuscheltier oder ein Spielzeugauto überreichen sollte. Er entschied sich für eine kleine Kuh und wünschte ihr ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest. Papenburger Platz. Die Dame stieg aus. Der Waggon war nicht besonders voll - erst ein paar Reihen weiter saßen zwei Frauen mit ihren Kindern. Die guckten schon die ganze Zeit neugierig zu dem Weihnachtsmann herüber, bis sich der kleinste von ihnen endlich traute, aufzustehen und langsam von Sitz zu Sitz auf Herrn Kaddig zuzuwanken. Dann plötzlich: Wendthausen. Die Mütter sprangen auf, und der mutige Kleine wurde zur Tür hinausgeschoben. "Komm schon, laß den alten Mann!"
Dann: Mendelssohnstraße. Herr Kaddig stieg aus. Er war etwas traurig. Der alte Mann ging die Straße hinauf bis zur Nummer 125. Er klingelte, fuhr mit dem Fahrstuhl in den siebten Stock. Da stand Herr Anton Krensmann in der Tür und guckte ungläubig. "Ja, Herrmann!" stieß er dann hervor. "Komm doch rein, Deine Frau hat ja gar nicht gesagt, daß Du so ..., na ja!" Jetzt alles oder nichts, sagte sich Herr Kaddig, als er ins Wohnzimmer zu all den Gästen trat. "Ho ho ho ...", das hatte er ja schon geübt.
"Also Herrmann, Du bist ja unglaublich. Wie bist Du nur auf dieses Kostüm gekommen?" fragte Johanna. Herr Kaddig zog sich die Decke bis ans Kinn und lachte verschmitzt. "Na, das ist ja auch egal, das war auf jeden Fall die schönste Feier seit langem, und die Meiersche hat vielleicht dumm dreingeschaut, als Du ihr erzählt hast, wie Deine Rentiere alle heißen. Also wirklich, Herrmann, eine tolle Idee." Johanna schwärmte vor sich hin. "Aber wo hast Du das Kostüm her? ..." Herrn Kaddig wurde heiß und kalt und rot und weiß zugleich. "... Doch sicherlich von dem neuen Verleih in der Grubenstraße, oder?" Geistesgegenwärtig stieß er ein sehr überzeugendes "Ja!" hervor. "Na, hoffentlich war es nicht so teuer." Dann schlief sie ein. Herr Kaddig wünschte sich, es sei schon Weihnachten, und der ganze Spuk hätte ein Ende. Noch so einen Tag hielte er nicht durch.  

© M.B. 1997